Für die richtige Erkenntnis und das richtige Verständnis von "Ich" und "Mein" im buddhistischen Sinne müssen wir, wie schon einmal erwähnt wurde, die vier Edlen Wahrheiten richtig verstehen und erkennen, dass sie nur in der relativen Ebene (lokiya) betrachtet werden können. Diese relative Ebene ist die Welt, die wir, gewöhnliche Menschen, wahrnehmen. Parallel dazu müssen wir auch verstehen und erkennen, dass es die Welt der absoluten Wahrheit (paramattha) gibt.
Was wir in unserer gewöhnlichen Welt (lokiya), die Welt der relativen Ebene, als "Ich" und "Mein" wahrnehmen, ist nach der buddhistischen Terminologie eine Zusammenhäufung von Geist und Körper. Der eine kann ohne den anderen nicht existieren. Wobei der Geist in vier Zusammenhängen aufgeteilt wird. Also besteht dieses "Ich" als Person aus dem Körper (rūpa), der materiell ist und die vier aufgeteilten Geiste (nãma), sind immateriell. Alle zusammen sind in buddhistischer Terminologie als die fünf Zusammenhäufungen oder Daseinsgruppen (panca khandhã) bekannt.
- Das Erste ist der Körper (rūpa), der aus dem Erdelement, dem Wasserelement, dem Feuerelement und Luftelement besteht, also den vier Elementen. Der Körper ist der Träger der anderen vier geistigen Elemente. Man kann den ganzen Körper wie ein Haus mit sechs Eingängen vergleichen. Diese Tore sind die Augen, Ohren, Nase, Zunge, Körperempfindung und der Geist, sie sind die sogenannten sechs Sinnes Tore (salāyatana).
- Das Zweite ist die Gefühltönung (vedanã). Das ist, was wir gefühlsmässig empfinden. Die Gefühltönung verleitet uns zur Bereitschaft zu reagieren, heilsam oder unheilsam, je nach der Empfindung der Gefühle. Wenn wir die Gefühltönung nicht unter Kontrolle haben, dann können wir uns nicht mehr zurückhalten. Unsere Reaktion folgt unweigerlich. Die Gefühltönung bekommt seine Nahrung durch unsere sechs Sinnes Tore (salāyatana):
Nach dem Empfang der Objekteigenschaft wird das Sinnesobjekt zur Weiterverarbeitung geleitet. Es kommt danach zur Reaktion. Die Gefühltönung ist die letzte Station, in der wir aussteigen können, um zu verhindern, dass Leiden entstehen, sonst ist es zu spät. Aber um aussteigen zu können, müssen wir die rechte Achtsamkeit und Weisheit haben. Die Gefühltönung kann deswegen über Krieg und Frieden, über Leben und Tod entscheidend sein.
- Das Dritte ist das Unterscheidungsvermögen (saññã). Es ist das Prinzip des Erkennens durch Erfahrungen. Das Unterscheidungsvermögen verleitet uns zu Entscheidungen etwa zu tun, aufgrund dem, was wir gefühlsmässig empfinden (durch Gefühltönung) Wohlsein oder Unwohlsein, Freude oder Unerfreuliches, schön oder hässlich usw. Es wird zu einer Wahrnehmung und Einordnung vom Sinneseindruck.
- Das Vierte ist das Zusammenbrauen oder die Gestaltung oder Geistesformation (sańkhāra). Es ist die Entstehung der im Geist zusammenbrauenden Gedanken, die Mischung von Geist (citta) mit Geistfaktoren (cetasika). Die Geistesformation entsteht aus der Unwissenheit (avijjã). Es verleitet uns zur Wahrnehmung, dass was entsteht, ein Selbst ist. Aufgrund des Verlangens (tanhã) und Anhaften (upādãna) braut die Geistesformation aus entstandenen Dinge sehr viele weitere Dinge. Man kann es mit einem Baum vergleichen: Aus einem Früchtekern wird ein Baum, der wiederum sehr viele Früchte trägt, die wiederum zu unzähligen Bäumen werden. Genau so verhält sich unser Geist. Während der Meditation erkennen wir, was mit dem Geist passiert ist. Im Geist gestaltet die Geistesformation einen Gedanke, aus dem wiederum zu viele Gedanken entstehen werden. Und warum ist das so? Weil wir einen entstandenen Gedanken ergreifen und anhaften, der wiederum die Ursache mit entsprechender Bedingung für viele weitere Gedanken ist. Darum müssen wir die Achtsamkeit zur Hilfe holen. Die Achtsamkeit hindert das Ergreifen und Anhaften und wir sind dann konzentriert, bis der nächste Gedanke kommt. Wenn wir die Geistesformation zum Stillstand bringen können, werden wir das Verlangen, das Ergreifen und das Anhaften los, da ihre Samen durch den Stillstand der Geistesformation keinen Nährboden mehr finden. Deshalb sind die vier Grundhaltungen der Achtsamkeit (sati patthãna) unverzichtbar. Das sind Achtsamkeit des Körpers (rūpa), der Gefühltönung (vedanã), des Geistes (citta) und der Naturentwicklung (dhamma), ob wir schlafen, gehen, stehen oder sitzen, diese vier Achtsamkeitsarten müssen gewahr sein. Die Meditation hilft uns dabei die vier Achtsamkeitsarten zu stärken. Die Auswirkung der Geistesformation kann in drei Arten aufgeteilt werden.
Die erste Geistesformation kann nur für einen kurzen Moment wirken, z.B. Jemand sagte etwas, das uns nicht gefällt, aber dieser jemand ist ein Verrückter, wir nehmen ihn sowieso nicht ernst. Also werden wir nur für einen kurzen Moment ärgerlich, wie wenn wir ein Bild mit Wasser auf eine Trockene unter der Sonne stehende Tafel zeichnen würden. Kaum ist das Bild gezeichnet, verschwindet es wieder. Die zweite Geistesformation kann etwa länger wirken, z.B. etwas Ungeschicktes passierte uns, sodass wir uns den ganzen Tag oder ein paar Tage lang ärgern oder schämen. Es ist wie wenn wir ein Bild am Strand auf dem Sand gezeichnet haben und nach einer gewissen Zeit kommt die Flut und verwischt das von uns gezeichnete Bild.
Die dritte Geistesformation ist am gefährlichsten. Sie kann sich sehr tief in uns Wurzeln einschlagen. Durch sie bekommen wir starkes Verlangen und Anhaften. Z.B. Jemand hat uns auf schlimme Art und Weise sehr tief verletzt. Wir besinnen uns unser Leben lang nur auf Rache oder wir hassen jene Person das ganze Leben lang. Es ist als wenn wir ein Bild auf einen Stein gemeisselt haben, dieses Bild wird nicht so einfach weg zu kriegen sein und schon gar nicht, wenn wir es nicht wollen. Diese dritte Geistesformation kann also über Krieg und Frieden, über Leben und Tod auswirken, sie muss wirklich unter unserer Kontrolle sein, sonst erfahren wir unser Leben lang nur Leiden.
Die beschriebene Geistesformation betrifft nur unseren Geist. Allgemein ist das Zusammenbrauen eine Gestaltung der Dinge (dhamma), materiell und immateriell, sie gestaltet alle Dinge aufgrund der Ursachen und Bedingungen zu einer bestimmten Entstehung.
- Das Fünfte ist das Bewusstsein (viññãna). Das Bewusstsein hat die Geistesformation als Ursache. Alle Sinneswahrnehmungen, die durch die sechs Sinnes Tore reingegangen sind, werden von der Geistesformation zur Bewusstwerdung angeregt. Diese Bewusstwerdung verleitet uns auf den entstandenen Sinneseindruck zu reagieren. Beim Bewusstsein können wir die nächste Entstehung der Dinge, das nächste Leiden, verhindern, indem wir nicht auf den entstehenden Sinneseindruck reagieren. Dafür brauchen wir Achtsamkeit und Weisheit. Dieses Bewusstsein (viññãna) ist also der Ort des Geschehens für alle Arten des Ergreifens und Anhaftens.
In unserer alltäglichen wahrnehmenden Welt (lokiya) werden diese fünf Aggregatzustände (panca khandhã) nach der buddhistischen Terminologie als die Herrschaft des Todes und des Leidens bezeichnet, weil, solange wir die Erleuchtung (nibbãna) noch nicht erreicht haben, wir mehr oder wenige dies und jenes ergreifen und anhaften. Bewusst oder unbewusst sind wir die Sklaven der fünf Aggregatzustände, Sie bestimmen unser nicht erleuchtetes Leben und aus Unwissenheit (avijjã) haften und akzeptieren wir die Herrschaft der fünf Aggregatzustände, wir ergreifen sie als unser eigenes Selbst, dass wir als "Ich" und "Mein" wahrnehmen. Deshalb hatte Buddha gesagt, die Ursprung der Leidensentstehung ist die Unwissenheit und nicht einmal er, Buddha, wusste, wo und wann diese Unwissenheit ihren Anfang hatte. Hingegen sind die fünf Aggregatzustände in der absoluten Welt (lokuttara / paramattha dhamma) keine Leidensursachen mehr, weil die Erleuchteten (arahat) sie nicht ergreifen und anhaften, sie akzeptieren einfach nur ihre Anwesenheit. In der Lehre Buddhas sagen wir, sie sind leer vom Ergreifen und Anhaften, d.h. somit sind sie leer vom Leiden, das ist die sogenannte Leerheit (suññatã).
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